Online-Treffen zu Rückmeldungen der Auszubildenden – was beschäftigt sie in ihrem Alltag, was sind die wichtigsten Themen?

#PflegeJetztBerlin #Ausbildung – Auszubildende berichten aus ihrem Alltag

„Was beschäftigt Euch gerade in Eurer Ausbildung“ – diese Frage stellte ich vier Auszubildenden verschiedener Berliner Kliniken und einem Berufspädagogen in einem Online-Treffen. Es wurden Erfahrungen geteilt und wir haben gemeinsam über die aktuelle Situation diskutiert.  

Pflegen bedeutet Sprechen

Daniel beginnt und spricht an, dass ihm auffällt, wie viele Auszubildende – die nicht aus Deutschland kommen – im Unterricht und auf den Stationen Probleme mit der Sprache haben, da sie z.B. PatientInnen nicht richtig verstehen können. Amjad, der mit 15 Jahren aus Syrien nach Deutschland kam, erklärt: Die deutsche Sprache lernt man nicht nur in der Schule, sondern hauptsächlich im sozialen Kontakt mit Gleichaltrigen. Auch Nika bestätigt, dass Freizeitaktivitäten den Auszubildenden ihres Kurses helfen Deutsch zu lernen. Der Leistungsdruck im Unterricht, die Angst davor Fehler zu machen und eine schlechte Bewertung zu erhalten, hindern viele Auszubildende daran sich auszuprobieren. Paul, Kursleiter an einer Pflegeschule, wirft ein, seine Auszubildenden auch gern besser unterstützen zu wollen; leider bleibe im Unterricht dafür kaum Zeit. Vielleicht könnten extracurriculare soziale Aktivitäten wie zum Beispiel eine Theatergruppe helfen. Der Erfolg hängt am Ende dann doch von der Eigeninitiative der Auszubildenden und der gegenseitigen Unterstützung ab. Durch einen Austausch auf den Stationen und im Unterricht bleiben das semesterübergreifende, wie auch das interdisziplinäre Lernen ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung. In einigen Kliniken gibt es bereits Konzepte wie Ausbildungsstationen oder Anleitungswochen, bei denen erfahrenere Auszubildende die Auszubildenden der neuen Kurse anleiten.

Stress, Ekel und Tod

„Als ich am Bett der Patientin stand und ihren Blutdruckmessen wollte, habe ich sie zwanzig Sekunden angestarrt. Sie war tot und mir wurde nicht Bescheid gegeben... Das war mein erster Kontakt mit einem toten Menschen.“ Alle Anwesenden kennen solche Situationen. „Aufgrund der derzeitigen Personalsituation wird man leider oft allein gelassen“, berichtet Elisa. „Es wird vorausgesetzt, dass neue Auszubildende jeder Stresssituation gewachsen sind und sich alles sofort trauen.“ Elisa hat die Ausbildung begonnen, weil sie mit herausfordernden Themen konfrontiert werden möchte. Jedoch braucht es in der Praxis viel mehr Zeit, um Auszubildende an diese Themen heranzuführen. „Ob man im Krankenhaus würdevoll sterben kann oder nicht, hängt leider immer noch davon ab wer und wie viele Pflegekräfte im Dienst ist. Und deshalb möchte ich bewirken, dass der Umgang mit dem Tod für uns normaler wird; das beginnt bereits in der Ausbildung“, so der Berufspädagoge Paul.

Wertschätzung, Kommunikation auf Augenhöhe oder das Überwinden von Alltagsrassismus und -sexismus sind Worte, die nicht nur in Leitbilder gehören, sondern auch gelebt werden müssen. Auszubildenden scheuen keine herausfordernden Dienste oder pflegeintensive PatientInnen, denn diese sind Teil unserer Profession. Auszubildende sind auch nicht die „Minis oder Schüler“, die nur zum „Waschen“ da sind – es sind Menschen und unsere „KollegInnen von Morgen“.

„Wir sind die Zukunft“

Elisa und Daniel möchten beide nach ihrem Examen auf internistischen Stationen arbeiten. Ihnen ist auch etwas mulmig zumute. Der aktuelle Pflegeschlüssel ist besorgniserregend. „Kann oder will ich wirklich die Verantwortung für fünfzehn bis dreißig Menschenleben allein tragen?“, fragt sich Daniel. „Ohne eine gute Anleitung, habe ich natürlich Angst davor Fehler zu machen.“, gibt Nika zu Bedenken.

Auszubildende möchten sich gut eingearbeitet, vorbereitet und als Teil des Teams fühlen. Dafür braucht es mehr Pflegekräfte, die jeweils weniger Menschen versorgen – also eine bessere Personalbemessung. Denn dann haben die Pflegekräfte auch mehr Zeit für Anleitungen. Um das zu erreichen benötigt die Pflege mehr politisches Mitspracherecht wie zum Beispiel Stimmrechte im Gemeinsamen Bundesausschuss. Und erst dann gelangen wir an den Punkt, an dem wir von einer Verbesserung der Situation der Ausbildung im Pflegeberuf sprechen können. Erst dann wird sich unser Problem „Es gibt schon jetzt nicht genug Pflegekräfte“ lösen. Daniel erzählt zum Schluss von seinem Engagement bei derKampagne #gibuns5 und beim „Walk of Care“. Auszubildende und Pflegekräfte gehen derzeit jeden Mittwoch vor dem Bundesministerium für Gesundheit für gute Pflege auf die Straße. „Unsere Generation rettet die Pflege“, ruft Amjad schmunzelnd,„es kann nur besser werden“. Kampagnen wie #PflegeJetztBerlin machen den Auszubildenden Mut und geben Hoffnung!

Unser Fazit: Der Pflegeberuf ist wundervoll, die Ausbildung ist anstrengend, aber macht auch viel Spaß, der Berufseinstieg bereitet viele Sorgen und wir sehen, dass viele Auszubildende nach dem Examen nicht lange oder gar nicht bleiben – es muss sich also noch Einiges ändern, wenn wir jetzt und in der Zukunft im Beruf bleiben und die vielen pflegebedürftigen Menschen angemessen versorgen sollen.

Ansprechpartnerin: Lea Friedrich, Gesundheits- und Krankenpflegerin und Mitarbeiterin der Kreativwerkstatt der DRK Kliniken Berlin, E-Mail: l.friedrich@drk-kliniken-berlin.de

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