Das Thema Pflege hat durch die derzeitige Pandemie den Stellenwert in der Gesellschaft erhalten, den es schon lange haben sollte. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist die Pflege eine Zukunftsbranche und wird es in den nächsten Jahren, wenn nicht Jahrzehnten auch bleiben. Das haben diese Zeiten nochmals deutlicher zum Vorschein gebracht. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung hat dies sehr frühzeitig erkannt und dementsprechend in den vergangenen Jahren einige Erfolge erzielen können.
In den derzeitigen Bevölkerungsprognosen gehen wir davon aus, dass im Jahr 2030 ca. 236.000 Berlinerinnen und Berliner 80 Jahre oder älter und ca. 795.000 65 Jahre und älter sein werden. Auch wenn Hochaltrigkeit nicht notwendigerweise mit Pflegebedürftigkeit einhergeht, so ist sie doch – neben chronischen Erkrankungen und akuten Krankheitsgeschehen im Alter – der größte Risikofaktor. Der medizinische Fortschritt verhindert – Gott sei Dank – ein frühes Versterben an bestimmten Erkrankungen, führt jedoch im Alter häufig nicht zu einer vollständigen Genesung, sondern zu bleibenden Beeinträchtigungen, die – wenn ihnen nicht durch geeignete Präventionsmaßnahmen begegnet wird – dann in der Pflegebedürftigkeit resultieren. Daher ergibt sich aus der Alternsprognose die Schätzung, dass im Jahr 2030 bereits 170.000 Menschen pflegebedürftig sein werden. Aufgrund dessen und des bekannten Fachkräftemangels in der Pflege haben ich und mein Haus einige wichtige Maßnahmen ins Leben gerufen:
Wir haben eine Ausbildungsoffensive gestartet, die – unter Pandemiebedingungen interpretiert – einen wirklich guten Start vorweisen kann. Mit über 2.000 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen Ende 2020 konnten wir die Ausbildungszahlen aus 2019 trotz der Herausforderungen durch die Pandemiehalten. Nach aktuellem Stand wurden für das Schuljahr 2021 von den Pflegeschulen rund 3.100 Schülerinnen und Schüler für das neu beginnende 1. Ausbildungsjahr in 2021 angemeldet.
Wir sind stolz darauf, dass sich so viele Akteure in den vergangenen Jahren unserem „Berliner Pakt für die Pflege“ angeschlossen haben. Wir haben aus meiner Sicht durchaus erfolgreich wichtige Säulen der Fachkräftesicherung diskutiert und – noch viel wesentlicher – ganz konkrete Maßnahmen entwickelt und zum Teil auch bereits umgesetzt.
Zu diesen Säulen gehört der bedarfsgerechte Ausbau der Ausbildung. Mit dem neuen Pflegeberufegesetz (PflBG) und dem Ausbildungsfonds steht die Ausbildung erstmalig auf finanziell soliden Füßen, die Kosten werden auf alle von der Ausbildung profitierenden umgelegt. So zahlen das Land, die Kassen, aber auch die Einrichtungen der Pflege sowie die Krankenhäuser gemeinsam in den Fond sein.
Eine weitere wichtige Säule ist die bessere Vergütung. Auch wenn ein gemeinsamer Tarifvertrag nun leider gescheitert ist, muss es das Ziel bleiben, die Vergütung in der Pflege so attraktiv und leistungsgerecht für alle zu gestalten, dass junge Menschen nicht nur eine Ausbildung in diesem Feld absolvieren, sondern auch in der Pflege tätig bleiben.
Wir dürfen aber nicht vergessen, dass nicht nur höhere Löhne die Zufriedenheit im Beruf steigern, sondern dass die Rahmenbedingungen der Arbeit, der hohe Leistungsdruck, die fehlende Anerkennung, aber auch die belastende Schicht- und körperliche Arbeit, als wichtige Auslöser dafür gelten, dass Menschen der Pflege den Rücken zu wenden. Das ist die dritte zentrale Säule des Pakts für Pflege: Gute Arbeit. Daher ist es den Paktmitgliedern besonders wichtig, dass Elemente wie Gesundheitsmanagement, aber auch familienfreundliche Arbeitsbedingungen wie z.B. flexible Arbeitszeitregelungen noch viel stärker in den Einrichtungen Einzug nehmen.
Abschließend bin ich mir sicher, dass mit dem neuen Pflegeberufegesetz eine attraktive Ausbildung geschaffen wurde, die sowohl inhaltlich als auch finanziell abgesichert ist. Erstmals ist die Praxisanleitung ausfinanziert und unterstützt die Auszubildenden beim Lernen in der Praxis. Zusätzlich und das ist ein ganz wichtiger Punkt, wird das Profil des Pflegeberufs als Gesundheitsfachberuf gestärkt. Durch die Pandemie sind viele Branchen auch in unserer Stadt geschwächt, sodass Ausbildungsplätze wegfallen mussten. Dies gilt nicht für die Pflegebranche! Wir freuen uns, auch weiterhin die Ausbildungszahlen steigern zukönnen und damit einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten.
Dilek Kalayci
Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung