Vorschläge zur Bürokratismus-Bekämpfung

Verschiedene Untersuchungen zeigen über die vergangenen Jahre hinweg, wie stark das Krankenhauspersonal durch übermäßige Bürokratie belastet wird. Auch die patientennahen Berufsgruppen wie Ärzte und Pflegekräfte sind betroffen: Drei bis vier Stunden ihrer täglichen Arbeit verbringen sie am Schreibtisch [i] – Zeit, die für den direkten Kontakt mit den Patientinnen und Patienten fehlt.

Rund 376 000 Vollkräfte waren 2022 in deutschen Krankenhäusern im Pflegedienst tätig [ii].  Gleichzeitig ist es für die Krankenhäuser zunehmend schwierig geworden, offene Stellen in diesem Bereich zu besetzen. 2022 blieben diese auf den Allgemeinstationen 23 Wochen, also fast ein halbes Jahr unbesetzt [iii].Diese Zahlen verdeutlichen, warum es so problematisch ist, wenn Pflegekräfte unnötig viel Zeit mit Bürokratie beschäftigt sind. Sie zeigen aber auch, was für ein großes Entlastungspotenzial konsequenter und ehrlicher Bürokratieabbau bergen kann: Gelänge es, das Pflegepersonal von nur einer Stunde bürokratischem Aufwand täglich zu entlasten, ständen rechnerisch auf einen Schlag 47 000 Vollkräfte mehr für die Patientenversorgung zur Verfügung. Das wäre sowohl für die Mitarbeiter- als auch Patientenzufriedenheit dringend notwendig und würde die Attraktivität des Berufes entscheidend steigern.

Obwohl Bürokratieabbau eines der zentralen Versprechen der Krankenhausreform ist [iv],bieten die bisherigen Gesetzesvorlagen leider keine ausreichenden Lösungsansätze.

So wird voraussichtlich noch im Laufe des Jahres die PPR 2.0 neu eingeführt. Das ist zwar an sich ein großer Erfolg, weil sie der tatsächliche Pflegeaufwand vor Ort und damit das benötigte Personal viel besser ermitteln lässt als die bisherigen Pflegepersonaluntergrenzen. Leider fehlt aber bisher die Zusage des Gesetzgebers, ob und wann die Untergrenzen abgeschafft werden sollen. Weil beide Erhebungen im Wesentlichen anhand derselben Parameter das gleiche Ziel verfolgen, ist es unterdessen nicht sinnvoll, dass sie parallel weiter bestehen sollen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert daher, die Pflegepersonaluntergrenzen abzuschaffen bzw. in die PPR 2.0 zu überführen. Damit auch der bürokratische Aufwand im Rahmen der PPR 2.0 möglichst gering gehalten werden kann, fordert sie ferner, dass zur Erfassung und Dokumentation der Pflegedaten ein bundesweites, digitales Tool zur Verfügung gestellt wird, die Krankenhäuser und ihr Personal genügend Unterstützung bei Unklarheiten in der Einführungsphase erhalten und der Erfüllungsgrad der Soll-Personalbesetzung auf Krankenhausebene betrachtet wird, anstatt auf einen kleinteiligen Monats- und Schichtbezug abzustellen.

Doch nicht nur im Bereich der Somatik, auch für die Psychiatrie und Psychosomatik braucht es dringend eine Überarbeitung der Nachweise für die Personalausstattung. Geregelt werden diese in der PPP-RL des G-BA. Die geforderten Nachweise und einhergehenden Qualitätskontrollen des Medizinischen Dienstes sind äußerst kleinteilig, umfangreich und nicht an die zunehmend stationsübergreifende und am individuellen Patientenbedarf orientierte Behandlung angepasst. In der Folge bilden sie die Versorgungsrealität nicht ausreichend ab. Die DKG schlägt daher vor, die Richtlinie deutlich zu vereinfachen, unter anderem durch Streichung des stations- und monatsbezogenen Nachweises, erhöhte Flexibilisierung der Anrechnungsmöglichkeiten der Berufsgruppen mit Streichung der Detaildokumentation zur Übernahme von Regelaufgaben und jährlicher statt quartalsweiser Übermittlung der Nachweise.

Ein weiterer Hebel, um unnötige Bürokratie zu vermeiden, betrifft die beruflichen Anerkennungsverfahren von internationalen Fachkräften: Bereits 2020 hatte mehr als ein Fünftel aller Pflegekräfte eine Migrationsgeschichte (21,2 %), knapp 10 Prozent eine ausländische Staatsangehörigkeit [v]. Gleichzeitig sind die Anerkennungsverfahren für internationale Berufsabschlüsse oft kompliziert, langwierig und teuer. Die DKG fordert daher, den Prozess zu vereinfachen, unter anderem durch zentrale Anerkennungsstrukturen, beschleunigte Anerkennungsverfahren und eine bessere sprachliche Unterstützung.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat im April 2024 die Erarbeitung weiterer Maßnahmen zur Bürokratieentlastung angekündigt. In diesem Zusammenhang wurden auch die Verbände eingeladen, Vorschläge zu machen. Insgesamt hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft 74 Vorschläge zusammengetragen und zum 30. April 2024 übermittelt. Die Krankenhäuser erwarten nun, dass das Ministerium diese zeitnah auswertet, damit es endlich zu spürbaren Entlastungen kommen kann – bei den Pflegekräften, aber auch den übrigen betroffenen Berufsgruppen.  

 

Verfasserin: Dr. Lisa Brandl, Referentin Geschäftsbereich I – Krankenhauspersonal und Politik, Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.

Quellen:

[i] HIMSS_NuanceHealthcare_Zeitdiebe_im_Krankenhaus_v3web_19032015; MB-Monitor 2022: Zu wenig Personal, zu viel Bürokratie, unzulängliche Digitalisierung |Marburger Bund Bundesverband (marburger-bund.de); Asklepios Studie zur Jobzufriedenheit in der Pflege: 90 Prozent durch überbordende Bürokratie belastet

[ii] statistischer-bericht-grunddaten-krankenhaeuser-2120611227005.xlsx(live.com)

[iii] Krankenhaus-Barometer_2022.pdf (dkgev.de)

[iv] Vgl. z. B. Eckpunktepapier – Krankenhausreform (bundesgesundheitsministerium.de)

[v] SVR_Factsheet_Jahresgutachten_2022.pdf(svr-migration.de)

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