Streikgeschehen bei Vivantes und Charité
Mit der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin haben sich in der Hauptstadt die politischen Rahmenbedingungen verändert. Die politischen Parteien sondieren zurzeit, welche Koalitionsoptionen umsetzbar sind. Wie auch im Bund, wird in Berlin mit einer Regierungsbildung noch vor dem Jahreswechsel gerechnet. Diese politisch ohnehin schon hochspannende Zeit wird nun mit dem aktuellen Streikgeschehen bei Vivantes und bei der Charité zusätzlich brisant aufgeladen. So werden der Geschäftsführende Senat und die neuen Koalitionsparteien sich mit den Folgen des Streiks zwingend auseinandersetzen müssen.
Höhere Gehälter für Servicekräfte
Zum einen werden möglicherweise die Tochtergesellschaften von Vivantes in Tarifstrukturen der Konzernmutter überführt. Damit könnten Servicekräfte erheblich höhere Gehälter realisieren. Diese Anpassung wird aller Voraussicht nach, so die aktuelle Information, vom Senat durch Steuergelder ausgeglichen. Dieser öffentliche Ausgleich kann die Wettbewerber in der Stadt, Dienstleistungsunternehmen sowie Servicegesellschaften anderer Krankenhäuser, unter Druck setzen. Ausgleichszahlungen der öffentlichen Hand sind hier aber nicht zu erwarten.
Freizeitausgleich durch "Tarifvertrag Entlastung"
Zum anderen wird Pflegekräften der landeseigenen Kliniken durch den ebenso zur Rede stehenden „Tarifvertrag Entlastung“ eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen in Aussicht gestellt. Arbeiten unterhalb des im Tarifvertrag zu vereinbarenden Personalanhaltsschlüssels soll mit Zeitausgleich kompensiert werden. Das bedeutet erheblich mehr Freizeit für die Pflegenden bei Charité und Vivantes und könnte zu einem zusätzlichen Personalbedarf von zirka 3500 Pflegekräften allein in diesen beiden Einrichtungen führen. Schon bereits während der noch laufenden Diskussion zu dieser erst noch zu finalisierenden Vereinbarung, gibt es erste Anzeichen für eine „Sogwirkung“ auf die Beschäftigten bei anderen Trägern in der Stadt.
Verbesserung von Arbeitsbedingungen für Pflege durch neue Kolleg/-innen
Die Verbesserung von Arbeitsbedingungen für Pflege ist richtig. Dafür setzen sich die Verantwortungsträger in den Kliniken im Rahmen ihrer Möglichkeiten bereits ein. Mit dem zur Rede stehenden "Tarifvertrag Entlastung" droht nun allerdings, dass wegen des sprunghaft ansteigenden Pflegepersonalbedarfs bei gleichzeitig bestehendem Mangel an Fachkräften, die Schließung von Betten und damit eine spürbare Einschränkung des Versorgungsangebots in der Stadt notwendig werden könnte. Eine Entwicklung, die nicht im Interesse vom (alten und neuen) Senat oder des neu gewählten Abgeordnetenhauses liegen kann. So ist starke politische Unterstützung alternativlos. Es müssen alle Anstrengungen zur Gewinnung neuer Kolleg/-innen unternommen und die wettbewerbsverzerrenden Zuzahlungen ausgeglichen werden.
Ansprache von Fachkräften aus dem Ausland
Mehr Kolleg/-innen erreichen wir vielleicht auch durch professionalisierte und erfolgreiche Ansprache von Fachkräften aus dem Ausland. Darin kann eine sinnvolle Ergänzung zu den Bemühungen liegen, Fachkräfte vor Ort auszubilden. Wir beleuchten die Möglichkeiten und praktischen Erfahrungen der Anwerbung ausländischer Pflegekräfte mit dieser Ausgabe unseres Newsletters und wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre.
Freundliche Grüße
Marc Schreiner