Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, Qualitätsentwicklung und Qualitätsprüfung sind seit Jahren diskutierte und von politischer Seite forcierte Parameter in der Pflege

Qualität in der Pflege

Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung, Qualitätsentwicklung und Qualitätsprüfung sind seit Jahren viel diskutierte und von politischer Seite forcierte Parameter in der Pflege (vgl. Hasseler, 2009). Dieser Newsletter widmet sich dem Thema Qualität in der Pflege und erlaubt diesmal, neben einer Rundumschau zur Einbettung von Qualitätsaspekten im pflegerischen Alltag, einen Blick in die Ferne zu unseren Kollegen/-innen in der Schweiz. Welche Bedeutung hat Pflegequalität am Kantonsspital Olten? Das Interview mit zwei Pflegeexpertinnen lässt in das Konzept des Einsatzes von Pflege- und Fachexperten/-innen am Kantonsspital blicken und zeigt, welchen bedeutsamen Anteil sie an der Umsetzung des Pflegeprozessmodells und in der unmittelbaren Bewältigung von komplexen pflegerischen Fragestellungen haben.

Seit der Einführung der Pflegeversicherung sind Qualitätsparameter für Pflegeeinrichtungen im SGB XI verankert. Im Krankenhausbereich werden Qualitätsparameter freiwillig in einer Vielzahl von medizinischen Leitlinien (SOP der Krankenhäuser) und Zertifizierungsverfahren der Fachgesellschaften insbesondere durch verbindliche Vorgaben des Gemeinsamen Bundeszuschusses (G-BA) gemäß § 136 SGB V ff. und spezifischen gesetzlichen Vorgaben, beispielsweise im Rahmen der Krankenhausplanung oder von Hygienevorschriften festgelegt. Die inhaltliche Ausrichtung und Konturierung dieser Instrumente und Verfahren sind wesentlich das Ergebnis eines politischen Aushandlungsprozesses zwischen den Partnern der Selbstverwaltung, in welchen zwar pflegewissenschaftliche und pflegefachliche Überlegungen einfließen, aber nicht immer leitend sind. Auch wenn es zahlreiche Publikationen zu dem Themenfeld und verschiedene Definitionen von Qualität in der Pflege gibt, sind diese eher auf der Umsetzungsebene angesiedelt und wenig spezifisch auf Fragen der Pflege bezogen (vgl. Hasseler, 2019).

Die Frage der Perspektive ist bedeutsam: Geht es um Pflegequalität, also der spezifischen Qualität, die maßgeblich durch die beruflichen Pflegenden beeinflusst werden kann oder um Qualität in der Pflege, wobei ‚Pflege‘ in diesem Sinne den Ort und die Bedingungen der Leistungserbringung mit aufnimmt?

Der International Council of Nurses (ICN) definiert die professionelle Pflege , indem er einerseits Zielgruppen und andererseits zentrale Aufgaben der Pflege benennt. Ein Qualitätsbegriff, der hier ansetzt, wird die Art und Weise der professionellen Leistungserbringung fokussieren und sehr schnell wird aus ‚Pflegequalität‘ Qualität in der Pflege‘. Spätestens bei der Frage, ob mit der Erbringung der Pflegeleistung die gewünschten Ziele erreicht worden sind, ist die Frage nach potenziellen (weiteren) Einflussfaktoren unumgänglich (vgl. Hasseler, 2019).

Auf der Suche nach der Identifikation von Einflussgrößen auf die Qualität im Gesundheitswesen entwickelte Avedis Donabedian in den 1960er Jahren ein Qualitätsmodell, das die Dimensionen Struktur, Prozess und Ergebnis als relevant identifizierte und in einen linearen Bezug setzte (vgl. Donabedian,2005). Dieses Modell prägt bis heute weitgehend das Verständnis von Qualität und ist trotz zahlreicher Modifikationen in der Gesundheitsversorgung einflussreich und etabliert.

So substanziell die Erkenntnisse Donabedians zur Qualitätsbeurteilung für die Pflege bis heute sind, so bedeutsam ist umgekehrt auch der Blick auf die Fehlerkultur in einem Team, insbesondere in der Pflege. Wenn über Fehler in der Pflege gesprochen wird, sollte dies frei von einer Wertung des generellen Qualitätsverständnisses der Pflegenden oder der Pflegeeinrichtung erfolgen. Denn Fehler sind menschlich und nicht das Gegenstück zu guter Qualität. Die Frage ‚Wer hat den Fehler gemacht?‘ ist daher zweitrangig. Wichtiger sind die Fragen: ‚Was ist die Ursache gewesen, was waren die Bedingungen?‘ Und: ‚Was können wir tun, um diesen Fehler zukünftig zu vermeiden?‘ Eine Fehleranalyse ist unabdingbar, der Schwerpunkt sollte jedoch stets auf die Lösung gerichtet sein. Für die Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität stehen verschiedene Instrumente und Verfahren zur Verfügung.

Berichts-und Lernsysteme für kritische Ereignisse sind wichtige Instrumente des klinischen Risikomanagements. Die „Bestimmung von Anforderungen an einrichtungsübergreifende Fehlermeldesysteme“ (üFMS-B) des G-BA, die im Juli 2016 in Kraft getreten ist, regelt die strukturierte Teilnahme von Krankenhäusern an übergreifenden Fehlermeldesystemen. Krankenhäuser sollen ihre Erfahrungen mit kritischen Ereignissen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, damit das Lernpotenzial auch von anderen an der Patientenversorgung Beteiligten genutzt werden kann.

Im Rahmen des von der Bundesärztekammer (BÄK), dem Deutschen Pflegerat (DPR) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) betriebenen bundesweiten Fehlermeldesystems Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland können Berichte über sicherheitsrelevante Ereignisse im Krankenhaus eingegeben werden, die dem überregionalen, interprofessionellen und interdisziplinären Lernen dienen. Die Berichte werden nach Eingabe zunächst anonymisiert, klassifiziert und erhalten bei überregionaler Relevanz einen Fachkommentar. Hierfür steht ein Fachbeirat aus Vertretern von Fachgesellschaften, Berufsverbänden und weiteren Institutionen zur Verfügung. Das Netzwerk CIRS Berlin ist ein regionales Berichts- und Lernsystem (Critical Incident Reporting System, CIRS) für Berliner und Brandenburger Krankenhäuser (vgl. DKG, 2022).

Die genannten Fehlermeldesysteme sind wichtige Rahmenbedingungen zur Gewährleistung von Patienten/-innensicherheit. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit stellt hierfür Handlungsempfehlungen zu ausgewählten Themen wie z. B. zur Sepsis, zur Medikamentenversorgung oder zur Infektionsprävention zur Verfügung. Der G-BA entwickelt Verfahren, mit denen man die Qualität der medizinischen Versorgung messen, darstellen und vergleichen kann. Die Ergebnisse helfen Krankenhäusern, ihre Behandlungsqualität im Vergleich mit anderen einzuschätzen und sie weiter zu verbessern. Mit dem Ziel der Vermeidung von Druckgeschwüren, die neu während des stationären Krankenhausaufenthalts auftreten, wurde im Rahmen der datengestützten vergleichenden Qualitätssicherung (DeQS-RL) zur Qualitätssicherung das für die Pflege besonders relevante Verfahren der Dekubitusprophylaxe (QS DEK) entwickelt. Die Daten der Krankenhäuser werden nach diesen Vorgaben erfasst, auf Bundes- und Landesebene statistisch ausgewertet und anschließend analysiert. Dabei werden jedem teilnehmenden Krankenhaus die eigenen Ergebnisse zur Verfügung gestellt. Diese kann es mit den Ergebnissen der anderen Krankenhäuser seines Bundeslands vergleichen. Gibt es Abweichungen von zuvor definierten Qualitätszielen, so wird in einem sogenannten Stellungnahmeverfahren nach den Ursachen für diese Abweichungen gesucht. Dabei wird geklärt, ob die rechnerisch ermittelten Auffälligkeiten auf qualitative Probleme zurückzuführen sind. Ist dies der Fall, findet mit einem Expertengremium in einem vertraulichen Rahmen eine genauere Analyse der Ursachen statt. Gemeinsam werden Verbesserungsoptionen beraten und festgelegt. Das Verfahren bietet die Möglichkeit, in den Krankenhäusern gezielt Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung anzustoßen. Im Land Berlin konnte hierdurch die Qualität in der Dekubitusprophylaxe kontinuierlich immer weiter angehoben werden. Die Ergebnisse werden in den jährlichen Qualitätsberichten der Krankenhäuser und länder- sowie bundesbezogen im Qualitätsreport des IQTiG veröffentlicht.

Individuelles Verhalten der Pflegenden ist zwar relevant, aber für Patientensicherheit nicht allein ausschlaggebend. Die „Kultur“ einer Organisation ist von Bedeutung für den Umgang mit Fehlern und die Art und Weise, wie miteinander umgegangen wird, welches Verhalten anerkannt und welches sanktioniert wird. Dies hat wiederum erheblichen Einfluss auf die Qualität der Arbeit, die von den Mitarbeitenden geleistet wird.

Pflegepersonal steht vielfältigen Herausforderungen gegenüber: Unvorhergesehene Zwischenfälle mit und an Patienten/-innen, medizinische Fehler oder extreme Dauerbelastung. Insbesondere wenn Fehler an Patienten/-innen passieren, werden nicht nur diese geschädigt, belastet und ggf. traumatisiert, sondern auch das beteiligte Pflegepersonal kann eine erhebliche Verunsicherung bis hin zu psychischen Langzeitfolgen davontragen und damit selbst zum Opfer (Second Victim) werden(vgl. Akkon Hochschule, 2022)

Durch eine Peerausbildung können Pflegefachpersonen niedrigschwellig und ereignisnah eine unmittelbare Unterstützung für Peers (also Menschen, die eine gleiche Stellung einnehmen und im Wesentlichen gleichrangig und ebenbürtig sind) sein. Sie stärken das Sicherheitsgefühl und die Resilienz von Pflegefachpersonen und können erste Ansprechperson sein. Durch strukturierten kollegialen Beistand werden Vertrauen und Wertschätzung im Team aufgebaut und der Selbstisolation vorgebeugt. Ein besonderer Hinweis gilt hier dem Seminarangebot der Akkon Hochschule: Der Kurs „Erste Hilfe bei Fehlern – Peerausbildung für Pflegefachpersonen“ verfolgt einen Peer-to-Peer Ansatz und befähigt dazu, Ansprechperson für Kollegen/-innen zu sein, die sich am Arbeitsort in einer kritischen Situation befinden, und diese durch die Möglichkeiten der Kommunikation aufzufangen, zu stabilisieren und gleichzeitig Vertrauen und Sicherheit im Team zu stärken.

 

Konkrete Projektarbeit

Seit Beginn des Kriegsgeschehens in der Ukraine stieg die Zahl der Menschen, welche mit einem ukrainischen Pass in Berlin leben, stark an. Unter den geflüchteten Menschen befinden sich zahlreiche Pflegekräfte, die auch in Berlin schnellstmöglich in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen beginnen möchten zu arbeiten. Tatsächlich stellen die Sprachkenntnisse oftmals die einzige Hürde im Anerkennungsverfahren dar und verzögern die Einstellung bei interessierten Arbeitgebern. Die BKG veranstaltete am 6. Juli 2022 eine Informationsveranstaltung mit dem Thema „Hilfestellung zur Vermittlung von berufsbezogenen Sprachkursen für ukrainische Bewerber/-innen in der Pflege“. Herr Eckermann, zuständig für die operative Umsetzung von Berufssprachkursen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), erläuterte dabei als Gastreferent die Struktur der Fördermöglichkeiten für den Spracherwerb und gab hilfreiche Hinweise zu vorhandenen Angeboten in Berlin. Die Ausführungen waren aufschlussreich und die Vermittlungs- und Anmeldungswege gelten für Bewerber/-innen aller Nationalitäten und Muttersprachen! Zwar gibt es unterschiedliche Personengruppen, für die eine Teilnahme an einem Berufssprachkurs relevant ist (Auszubildende, Beschäftigte oder Personen, die sich im Anerkennungsverfahren zur Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau/-mann“ befinden), jedoch wird schlussendlich ein Sprachkurs einer zertifizierten Sprachschule, welcher mit einem Zertifikat der Stufe B2 abschließt, benötigt. In Berlin gibt es diverse zugelassene Anbieter von Berufssprachkursen, welche bei einer Mindestteilnehmeranzahl von drei Personen starten. Ein Einstieg ist oft zu jedem Zeitpunkt möglich. Interessant für Arbeitgeber/-innen im Gesundheitswesen ist zudem die Möglichkeit diese Kurse selbst für ihre Arbeitnehmer/-innen zu bündeln und an ihren Standorten stattfinden zu lassen. Dafür braucht es lediglich einen Schulungsraum, welcher vom BAMF auf Eignung geprüft wird und die Kooperation mit einer zugelassenen Sprachschule. Benötigen Sie weitergehende Informationen hierzu, wenden Sie sich gern an pflege@bkgev.de.Wir unterstützen Sie bei den Formalitäten.

Sollte Ihnen eine Teilnahme an der Informationsveranstaltung nicht möglich gewesen sein, Sie aber Interesse an den Präsentationsunterlagen haben, erfragen Sie diese gern unter der Mailadresse: pflege@bkgev.de.

 

Literatur:

Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG) (2022): KH-CIRS-Netz Deutschland. Online, Zugriff: 06.07.2022

Donabedian, A. (2005): Evaluating the quality of medicalcare. In: Milbank Q 83 (4): 691–729

Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften (2022): Erste Hilfe bei Fehlern - Peerausbildung für Pflegefachpersonen. Online, Zugriff: 06.07.2022

Hasseler, M. (2019): Qualitätsmessung in der Pflege, Springer: Berlin

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