Ausbildungsabbrüche in der Pflegeausbildung vermeiden – Was können wir für die Pflegefachkräfte von Morgen tun

Seit einigen Jahren herrscht ein breites Bewusstsein dafür, dass die künftige gesundheitliche Versorgungssicherheit stark mit dem zur Verfügung stehenden Pflegepersonal verknüpft ist. Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) wurde u.a. das Ziel formuliert 10 Prozent mehr Auszubildende für die generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann gewinnen zu können und Ausbildungsabbrüche zu vermeiden, um die Personalausstattung von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern sicherzustellen.

Abbrüchen in der Pflegeausbildung - Lernen braucht Bindung

Nach Angaben des zweiten Ergebnisberichtes der KAP haben im Jahr 2020 bundesweit knapp 57.300 Menschen die generalistische Ausbildung zur Pflegefachperson begonnen. Diese eigentlichen erfreulichen Zahlen stehen Aussagen von Bildungseinrichtungen gegenüber, die zuletzt von steigenden Abbrecherquoten und sinkenden Bewerberzahlenberichten. Die genaue Abbrecherquote ist nicht bekannt. Ältere Zahlen zeigen aber eine breite Streuung zwischen 5 und 25 %. Durchschnittlich liegt die Pflegeausbildung damit in einem Bereich, wie sie auch in anderen Berufsausbildungen gegenwärtig sind.

Dass es zu steigenden Abbrüchen in der Pflegeausbildung kommt, wird unter anderem durch die schwierigen Ausbildungsbedingungen während der Pandemie erklärt, denn Lernen braucht Bindung und diese ist im Distanzunterricht schwereraufrecht zu erhalten. Doch die Gründe für das Abbrechen der Pflegeausbildung sind vielfältig. So bringen Auszubildende oft Gründe, wie zu starke gesundheitliche und private Anforderungen an, die zum Abbrechen der Ausbildung führen. Aber auch falsche Vorstellungen vom Beruf und den anspruchsvollen Inhalten der Ausbildung, führen mit am häufigsten zur Auflösung von Ausbildungsverhältnissen. Für Träger und Ausbildungsstätten stellt sich nun die Frage, wie kann man die Ausbildungsbedingungen so gestalten kann, dass sie attraktiv sind und den häufig heterogenen Auszubildendengruppen genügen kann, um Abbrüche zu minimieren.

Persönliche Betreuung der Auszubildenden

Einen hohen Stellenwert in der der Akademie Waldfriede, mit ihren 68 Ausbildungsplätzen, hat die persönliche Betreuung unserer Auszubildenden. Wichtige Punkte sind unter anderem der wohnortnahe Einsatz der praktischen Einsätze. Auch die individuelle Förderung unsere Auszubildenden durch Lerncoaching zeigt deutlich positive Resonanzen.

Ausbildung mit Herz, Hand und Kopf gehören zum Leitbild. Hierbei steht die wertschätzende Kommunikation und konstruktive Gesprächsführung zwischen den Auszubildenden, Pädagog:innen und Praxisanleitenden an oberster Stelle. Die allgemeine Vernetzung von Theorie und Praxis ist ein ausschlaggebender Faktor in der Zufriedenheit der Auszubildenden. Eine konsequente und strukturierte Praxisbegleitung durch die Pädagog:innen fördert die Kommunikation zwischen der Schule und den internen sowie externen Einsatzbereichen in der Praxis. Auszubildende bewerten die Praxisbegleitung hierbei als äußerst förderlich, um beispielsweise einen guten Theorie- Praxis-Transfer zu gewährleisten. Im Krankenhaus Waldfriede haben sich die Arbeitsaufteilung von zentralen und dezentralen Praxisanleiter:innen als besonders hilfreich erwiesen. Die kurzen Kommunikationswege zwischen den verschiedenen Akteuren und die gemeinsame Zielorientierung steigern dabei die Lehr- und Lernqualität der Auszubildenden. Die gemeinsamen praxisorientierten Unterrichte, in den modern gestalteten Übungsräumen wie dem Skills Lab, runden die Theorie- Praxis- Verknüpfung ab.


Reflexiven Unterrichtsinhalten und Medienausstattung

In der theoretischen Ausbildung ist die Ausgestaltung von reflexiven Unterrichtsinhalten, wie die Kollegiale Beratung ein wichtiger Ansatzpunkt. Die Auszubildenden lernen so, sich konkret mit den Hürden und Schwierigkeiten des Pflegeberufs konstruktiv auseinander setzen zu können. Ein wichtiger Punkt, der nicht zuletzt auch die Ausbildung attraktiv macht, ist die Medienausstattung. Die moderne Ausstattung erhöht das Interesse und die Medienkompetenz, hierbei spielen beispielsweise Interaktivboards, aber auch die Möglichkeit von temporären und zielgerichteten Onlineunterrichtseinheiten eine zentrale Rolle. Die digitale Ausgestaltung des Praxiseinsatzortes sorgt ebenfalls für eine Attraktivität der Ausbildung. In der Akademie Waldfriede erfolgt die Einbindung von sozialen Netzwerken der Auszubildenden auf freiwilliger Basis. Unterrichtsinhalte, Arbeitsergebnisse und Veranstaltungen verlinken zu können, spricht die Auszubildenden an, fördern die Eigenaktivität, Motivation und vor allem die Wertschätzung. Kleine teambildende Maßnahmen und Spendenaktionen, wie beispielsweise Waldfriedeläuft - bei denen sich die Auszubildenden engagieren können, fördern den Zusammenhalt und das Engagement in der Ausbildung.

Die Bildungseinrichtungen können vieles tun, um Auszubildende in ihren Lernprozessen zu unterstützen und eine attraktive Ausbildung zu bieten. Der überwiegende Teil der Pflegeausbildung vollzieht sich jedoch in den praktischen Settings. Die Pflegeforschung der vergangenen Jahre zeigte uns, dass Auszubildende im praktischen Teil der Ausbildung vor allem beiläufig im Vollzug ihrer pflegerischen Tätigkeiten lernen[1]. In vielerlei Fällen erhalten Auszubildende dabei nicht die Begleitung, die sie benötigten, um eigene Vorstellungen und Vermutungen mit gesichertem Wissen verknüpfen zu können.

Pflegedidaktisches Potenzial nicht ausgeschöpft

Mit dem Pflegeberufegesetz wurde eine Grundlage erschaffen, die diesem Missverhältnis entgegnen sollte und verbindliche Anleitungszeiten festlegte. Doch bei der Umsetzung des Gesetzes bleibt ein Grundproblem der Personalmangel, der sich durch die Pandemie verstärkte. Die damit natürlicherweise unterschiedlichen Ansichten über die Zielsetzung von klinischen Vermittlungsprozessen sind nachvollziehbar, laufen einer Ausbildung jedoch leider zuwider. So stehen auch heute Verwertungsinteressen der Arbeitskraft von Auszubildenden häufig dem eigentlichen Erlernen von Pflegeprozessen gegenüber[2]. Oder sagen wir es so: Das pflegedidaktische Potenzial wird aktuell nicht ausgeschöpft. Auszubildende der Pflege werden häufig mit erschöpftem und desillusioniertem Personalkonfrontiert, welches die Handlungsoption anzuleiten nicht sehen kann, da auch sonst genug Arbeit wartet.

Wiedereinstieg als Chance

Neuere Untersuchungen zeigen auf was es braucht, um Pflegekräfte zur Berufsrückkehr oder Aufstockung zu bewegen[3].Ich pflege wieder wenn…“ fragt nach den Bedingungen die vorherrschen sollten, damit Berufsaussteiger:innen wieder ihren Beruf ausüben würden. Für den überwiegenden Teil der über 12.000 befragten Personen, käme eine Rückkehr in Frage, wenn sie selbst gesteuert ihren Beruf so ausüben könnten, wie sie ihn ursprünglich mal gelernt haben. Dies legt nahe, dass Pflegemanagement und Pflegepädagogik gemeinsam Bedingungen ausloten müssen, um Menschen im Pflegeberuf zu halten.  

Ein Beitrag der Akademie Waldfriede | Autor:innen: Tatjana Heuwinkel & Manuel Leder

Bildrechte: Krankenhaus Waldfriede e. V., Berlin Zehlendorf

[1] Fichtmüller ,F., & Walter, A. (2007). Pflegen lernen - Empirische Begriffs- und Theoriebildung zum Wirkgefüge von Lernen und Lehren beruflichen Pflegehandelns. Göttingen: V&R Unipress.
[2] Kühme, B. (2019). Identitätsbildung in der Pflege - Pflegepraxis und Bildungsmuster im Prozess beruflicher Sozialisation. Frankfurt/ M.: Mabuse.
[3] Auffenberg, J. et al. (2022). „Ich pflege wieder, wenn …“ - Potenzialanalyse zur Berufsrückkehr und Arbeitszeitaufstockung von Pflegefachkräften. Ein Kooperationsprojekt der Arbeitnehmerkammer Bremen, des Instituts Arbeit und Technik Gelsenkirchen und der Arbeitskammer des Saarlandes

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