Sehr geehrte Damen und Herren,
„Das Beste für Berlin“ verspricht der Koalitionsvertrag, den CDU und SPD nun der Öffentlichkeit vorgestellt haben. Sollten sich nun auch die Mitglieder der beiden Parteien für das verhandelte Regierungsprogramm erwärmen, ihre Zustimmung erteilen und damit den Weg frei machen für das Zweierbündnis, können Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sich auf einige politische Unterstützung in den kommenden dreieinhalb Jahren einstellen.
Prominente Aufmerksamkeit wird der Fachkräftesicherung eingeräumt: Aus- und Weiterbildung sollen gestärkt, noch vorhandene Schulgelder sollen abgeschafft und Ausbildungsvergütungen eingeführt oder noch bestehende Lücken der Ausbildungsfinanzierung geschlossen werden. Mit diesen Maßnahmen will die Koalition das Gesamtziel der Erhöhung von Ausbildungs- und Fachkräftekapazitäten unterstützen. CDU und SPD nehmen auch die Zeitarbeit in der Pflege ins Visier und werden „schnellstmöglich eine Bundesratsinitiative zur Regulierung der Leiharbeit“ auf den Weg bringen.
Sie können sich dabei politischer Bündnispartner gewiss sein: der Staatsminister für Gesundheit des Freistaats Bayern hatte ebenso eine solche Initiative ins Spiel gebracht, weitere Bundesländer zeigten sich bereits bei dieser Ankündigung interessiert. Schließlich hat auch der Bundesgesundheitsminister zuletzt die Notwendigkeit des Zurückdrängens dieser belastenden Entwicklung immerhin erkannt, wenngleich er mit der Streichung der Vergütungsmöglichkeit der zusätzlichen Kosten der Zeitarbeit den falschen Ansatz wählt. Damit würden gerade diejenigen Institutionen bestraft, die für die Versorgung ihrer Bewohner/-innen dringend auf Personal angewiesen sind. Am Ende macht sich aber bei Bund und Ländern die Erkenntnis dringenden Regulierungsbedarfs breit – ein Hoffnungsschimmer!
Schließlich versammeln sich auch immer mehr Krankenhausgesellschaften, Träger-, Pflege- und Berufsverbände hinter der Forderung nach einer massiven Begrenzung der Zeitarbeit in der Pflege. Neu und von den Partnerverbänden viel beachtet ist in der Diskussion des von der Berliner Krankenhausgesellschaft jüngst veröffentlichten Mustervertrags, der Gesundheitseinrichtungen zur Anwendung bei der Geschäftsabwicklung mit Zeitarbeitsfirmen dringend empfohlen wird. Vorgeschlagen werden die Beachtung des Prinzips „equal pay“, nach welchem die Tarifbedingungen der entleihenden Organisation auch für Zeitarbeiter/-innen gelten und eine Beschränkung der „overhead“-Kosten für Zeitarbeitsfirmen. Zudem werden Qualitätsanforderungen für Zeitarbeiter/-innen und Fairness-Grundsätze, wie zum Beispiel ein Abwerbeverbot empfohlen.
Mut macht, dass mittlerweile auch seriöse Zeitarbeitsfirmen und Zusammenschlüsse von Anbietern, sich zunehmend interessiert an diesem Mustervertragstext zeigen. Geleitet von der Sorge, dass viele kleine neue Zeitarbeitsfirmen auf den schnelles Geld versprechenden Markt drängen und als „Glücks- und Raubritter“ den Ruf der Zeitarbeit insgesamt schädigen könnten, prüfen sie die Möglichkeiten der fairen Konsolidierung. Ein „Fairness-Vertrag“ wäre da eine Chance, die vielschichtigen Interessen in der Zeitarbeit auszugleichen und deutlich weniger einschneidend als eine normative Beschränkung oder gar ein Verbot der Zeitarbeit.
Insgesamt ist eine zunehmende Dynamik in der Diskussion zu beobachten. Die nächsten Monate werden zeigen, welche Durchschlagskraft die neuen zahlreichen Koalitionen entwickeln können.
Freundliche Grüße
Marc Schreiner