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Nachbericht zur Veranstaltung „Anwerbende Einrichtungen und das LAGeSo im Dialog“

Bild: CANVA_annastills

Am 7. November 2024 veranstaltete die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) ein Online-Webinar zum Thema „Anwerbende Einrichtungen und das LAGeSo im Dialog“. Ziel war es, mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) Möglichkeiten zur Beschleunigung des Anerkennungsverfahrens für internationale Pflegekräfte in Berlin zu diskutieren. Als Referenten nahmen Christoph Gertzen, Leiter des Referats „Anerkennung ausländischer Gesundheitsberufe“, und Petra Mikoleit, Gruppenleiterin im Bereich der nicht akademischen Gesundheitsberufe beim LAGeSo, teil. Etwa 60 Vertreter und Vertreterinnen aus Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nahmen an der Veranstaltung teil.

Pflege als Engpassberuf

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist unter Berücksichtigung des inländischen Arbeitskräftepotentials eine ergänzende Fachkräfteanwerbung aus Drittstaaten weiterhin dringend erforderlich, um die gesundheitliche und insbesondere auch pflegerische Versorgung kurz- und langfristig sicherzustellen. Obwohl sich die Zahl der angeworbenen Fachkräfte seit 2016 verdreifacht hat, bleibt der Engpass an Fachkräften in der Pflege weiter akut (s. Engpassanalyse der BA). Es bestehen immer noch zahlreiche Probleme bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.

Vortrag des LAGeSo: Herausforderungen und Statistiken zum Anerkennungsprozess

Herr Gertzen und Frau Mikoleit stellten in ihrem Beitrag das hohe Aufkommen im Anerkennungsverfahren vor, die von 1.700 Anträgen im Jahr 2021 auf geschätzte 4.000 Anträge im Jahr 2024 gestiegen ist. Sie verwiesen auf die begrenzten personellen Kapazitäten im Vergleich zu anderen Bundesländern wie Hamburg und Brandenburg. Insbesondere im Bereich der Pflegeberufe gibt es eine Antragssteigerung von rund 400 % zu verzeichnen.

Maßnahmen zur Beschleunigung und Vereinfachung

Das LAGeSo hat verschiedene Maßnahmen zur Vereinfachung der Verfahren implementiert, darunter den Verzicht auf beglaubigte Kopien und die Möglichkeiten, die durch das beschleunigte Fachkräfteverfahren (§ 81a Aufenthaltsgesetz) geschaffen wurden. Die Einführung einer pauschalen Antragsprüfung für große Antragsgruppen wurde als effiziente Lösung zur Vereinfachung vorgestellt.

Herausforderungen in der Praxis

Aus der Praxis kamen zahlreiche Fragen aus dem Teilnehmerkreis auf, die sich auf konkrete Herausforderungen im Anerkennungsverfahren bezogen, etwa zur Dauer der Berufsurkundenausstellung und zum Einfluss des Sprachniveaus (B2) auf die Zulassung zur Kenntnisprüfung. Ein wiederkehrendes Thema war die unterschiedliche Handhabung von Anerkennungsverfahren in den Bundesländern, die oft zu „Verfahrenstourismus“ führt, da Antragsteller bevorzugt in jenen Bundesländern Anträge stellen, die schnellere Bearbeitungszeiten bieten.

Eine zentrale Frage betraf die lange Bearbeitungszeit für die Ausstellung der Berufsurkunde für Pflegefachkräfte nach bestandener Kenntnisprüfung oder Anpassungslehrgang. Da Pflegefachkräfte ohne diese Urkunde nicht als vollwertige Fachkräfte eingesetzt werden können, führt die Verzögerung zu praktischen Problemen in der Einsatzplanung von Einrichtungen. Einige Arbeitgeber schlugen vor, eine vorläufige Berufsurkunde auszustellen, um Fachkräfte bereits vor Erhalt der endgültigen Urkunde einsetzen zu können. Die LAGeSo-Vertreter signalisierten Verständnis, verwiesen jedoch auf gesetzliche Einschränkungen, die es nicht erlauben, eine solche vorläufige Bescheinigung zu erteilen, da alle erforderlichen Nachweise, insbesondere die Sprachkenntnisse, vorliegen müssen.

Die unterschiedliche Ausgestaltung und Dauer der Anerkennungsverfahren zwischen den Bundesländern führte zu einem Phänomen, das als „Verfahrenstourismus“ bezeichnet wird. Antragsteller weichen gezielt auf jene Bundesländer aus, die schnellere Bearbeitungszeiten bieten oder weniger strikte Anforderungen stellen. Brandenburg und Hamburg, die als vergleichsweise zügige und flexible Anerkennungsstellen gelten, ziehen dadurch viele Antragsteller an, die ursprünglich in Berlin arbeiten wollten. Diese Verschiebung stellt Berliner Einrichtungen vor Herausforderungen, da sie Fachkräfte verlieren oder ihre Bewerber in anderen Bundesländern die Anerkennung abschließen lassen müssen. Die Teilnehmer äußerten den Wunsch nach einer bundesweit einheitlichen Regelung, die für mehr Transparenz und Planbarkeit im Anerkennungsverfahren sorgen könnte

Die Diskussion zeigte außerdem, dass eine umfassende Digitalisierung des Anerkennungsverfahrens dringend notwendig ist, um Bearbeitungszeiten zu verkürzen und den Ablauf transparenter und effizienter zu gestalten. Bisher erfolgt das Anerkennungsverfahren in Berlin überwiegend analog, was nicht nur zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursacht, sondern auch die Kommunikation und Nachverfolgung für Antragsteller und anwerbende Einrichtungen erschwert.

Fazit und Ausblick

Die Veranstaltung verdeutlichte die hohe Komplexität und Dringlichkeit der Thematik. Beide Referenten betonten, dass das LAGeSo bestrebt sei, die Verfahren weiter zu optimieren und die internen Abläufe den Bedürfnissen der Praxis anzupassen. Sie betonten jedoch, dass bestimmte formale Anforderungen – insbesondere in reglementierten Berufen wie der Pflege –unvermeidbar seien. Der Dialog soll fortgesetzt werden, um weitere bürokratische Hürden abzubauen und Lösungsansätze für eine praxisnahe Anerkennung internationaler Pflegekräfte zu finden.

ZiTA Pflege-Symposium am 8.11.2024

Die Kampagnenkoordinatorin Juliane Ghadjar referierte am 8.11.2024 beim ZiTA Pflege-Symposium in Spandau zum Thema „Fachkräftesituation und Pflegestärkung in Berliner Krankenhäusern“.

Der Fachkräftemangel wird durch den demografischen Wandel weiter verschärft und in Berlin werden bis 2030 rund 10.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt, um den wachsenden Versorgungsbedarf zu decken. Die Problematik der Zeitarbeit in der Pflege, die zunehmend als Notlösung eingesetzt wird, verursacht erhebliche Kosten und Belastungen für das Stammpersonal. Hierzu hat die BKG einen Musterrahmenvertrag entwickelt, der faire Bedingungen für Kliniken und Zeitarbeitskräfte schaffen soll.

Die aktuelle Krankenhausreform könnte ohne grundlegenden Bürokratieabbau und mit einer ungeplanten Reduktion von Krankenhäusern zusätzliche Abgänge in der Pflege fördern, da Pflegekräfte längere Anfahrtswege in Kauf nehmen müssten, wozu viele vermutlich nicht bereit sind. Als positive Ansätze wurden Projekte der Kampagne #PflegeJetztBerlin vorgestellt, darunter das "Ausbildungsbotschafter-Projekt", das Auszubildende als Botschafter in Schulen entsendet, sowie die „Gute Beispiele“-Datenbank, die bewährte Pflegeprojekte dokumentiert.

Auch beim ZiTA Symposium vertreten waren Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der Barme Berlin/Brandenburg und Christoph Möller, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Berlin Nord. Beide engagieren sich im Kampagnenbeirat von #PflegeJetztBerlin und bereichern die Initiative mit wertvollen Perspektiven. Pflegedirektorin des Vivantes Klinikums Spandau, Kathleen Gernandt stellte das bemerkenswerte Projekt „Einstiegsqualifizierung zur Berufsorientierung“ vor. Dieses Projekt schafft neue Möglichkeiten für den Einstieg in die Pflegeausbildung und ist ein hervorragendes Modell zur gezielten Nachwuchsförderung.

Verfasserin: Juliane Ghadjar, Kampagnenkoordinatorin #PflegeJetztBerlin

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