Elizabeth Tödter wurde gemeinsam mit einer weiteren Intensivpflegerin der Charité, stellvertretend für alle Pflegekräfte als "Berlinerinnen des Jahres 2021" für ihren leidenschaftlichen Kampf und Einsatz für das Leben der Patienten in der Coronavirus-Pandemie ausgezeichnet.
Für welche Leistung wurden Sie und Ihre Kollegin von der Charité ausgezeichnet?
Wir wurden für unsere Arbeit während der Pandemie mit an Covid-19 erkrankten Intensivpatient/-innen stellvertretend für alle Pfleger/-innen ausgezeichnet. Wir, sowie unsere Ärztinnen und Ärzte leisten seit über 24 Monaten Höchstarbeit und versorgen rund um die Uhr schwer Erkrankte Covid-19 Patient/-innen. Auch auf den Normalstationen wurde mit größtem Einsatz alles dafür getan, die vielen Erkrankten bestmöglich zu versorgen und zu betreuen. Man hat damit unsere Arbeit und unseren Berufsstand gewürdigt. Hoffentlich mit dem Ergebnis, dass der Pflegeberuf in der Gesellschaft mehr Anerkennung erzielt und erhält.
Wie hat sich die Intensivpflege in den Jahren der Coronavirus-Pandemie verändert?
Die Intensivpflege hat sich während der Pandemie weiter entwickelt. Es wurden neue sowie bekannte Therapiekonzepte erweitert, ausgebaut und teilweise neu entwickelt, um mit neuen Strategien das Virus besser zu bekämpfen bzw. die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus einzudämmen. Sei es eine komfortablere Anwendung der sogenannten Bauchlagentechnik (um einzelne Lungenareale besser zu belüften) als auch die zügigere Entscheidung zum Einbau einer ECMO. Auch Medikamente wurden weiterentwickelt und zur Behandlung bei Covid-19 Patienten schneller eingesetzt und zugelassen. Darunter fällt natürlich auch die Einführung eines nützlichen Impfstoffes. Man könnte sagen, die Pandemie hat demzufolge auch etwas Gutes hervorgebracht.
Allerdings ist die Intensivpflege auch aufwendiger geworden. Die Zeit, die man im Patientenzimmer verbringt, ist länger, man muss sich seine Arbeitsschritte noch genauer überlegen, um nicht wieder einen Kollegen zu bitten, einem etwas in das Isolierzimmer zu geben oder sich wieder ausschleusen zu müssen. Eine „simple“ Intubation muss vorher gut durchgesprochen sein, um sich und die Mitwirkenden dabei optimal zu schützen. Wenn man bei der Arbeit vorher schon 100% geben musste, sind wir jetzt bei 120%, um diese Patient/-innen mit ihrem sensiblen Krankheitsbild bestmöglich zu versorgen. Das ist teilweise kräftezehrend und verlangt viel ab.
Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?
Diese Auszeichnung bedeutet für mich Anerkennung, Motivation und Genugtuung diesen doch so wunderbaren Beruf wieder in ein prominenteres Licht zu rücken. Pflegekräfte gab es schon immer und wird es immer weiter geben, nur leider wird dies oft als selbstverständlich genommen und man hat das Gefühl, die Menschen hinter dem Arbeitsfeld werden vergessen. Natürlich muss sich jeder, der diesen Berufsweg wählt, über Einschränkungen wie Feiertags- und Wochenendarbeit sowie Schichtdienst im Klaren sein und das dies nicht unbedingt familienfreundlich ist.
Aber man möchte doch trotzdem respektvoll betrachtet, gesehen und behandelt werden. Das Berufsbild ist ein sehr komplexes und inzwischen auch hoch technologisiertes Aufgaben- und Tätigkeitsfeld. Da ist doch sicher jeder Erkrankte froh, wenn ihr / ihm eine Pflegekraft zur Seite steht, die mit Empathie, Hingabe und hohem Fachwissen sich ihrer Aufgabe widmet.
Was müsste die Politik unternehmen, um von Ihnen eine Auszeichnung zu erhalten?
Das ist eine schwierige Frage. In den letzten Jahren wurde leider im Gesundheitssystem so gespart, dass uns die Konsequenzen jetzt sprichwörtlich auf die Füße fallen. Jetzt, wo wir es doch so dringend benötigen. Ich würde der Politik eine Auszeichnung überreichen, wenn sie es schafft, unsere Strukturen und Bedingungen zu verbessern. Das aktuelle Finanzierungsmodell in der Krankenhauslandschaft sollte dringend überdacht und überarbeitet werden, denn es zeigt sich in der Praxis, das der Patient nicht immer im Mittelpunkt der Behandlung steht. Sicherlich sind die Kosten im Gesundheitswesen auch aufgrund der gestiegenen Lohnkosten, aber auch aufgrund der Kosten in der Gesundheitsversorgung gestiegen, aber vielleicht kommen wir dahin, dass der Mensch im Mittelpunkt steht und dass er Diagnostik und Therapie erhält, welche für ihn zum schnellen und zielorientierten Genesungsverlauf führt. Politisch und gesellschaftlich muss ein Umdenken stattfinden, denn so ein Hochleistungssystem wie unseres in Deutschland wird weiter mehr Finanzierung benötigen und gerade wenn es darum gehen soll, das jeder die gleiche und schnelle Behandlung erfahren soll.
Zur Verbesserung der Bedingungen und somit zum möglichen Anstieg an Bewerbern in unserer Branche kann auch eine moderne und gut sanierte Krankenhauslandschaft beitragen. Denn wenn die Arbeitsbedingungen gut sind, steigt auch die Attraktivität des Berufsbildes. Denn auf kurz oder lang kann jeder einmal ganz schnell auf die Hilfe anderer der Pflege angewiesen sein.