Pflegestreiks - Forderung eines Entlastungstarifvertrages
Diese Tage entlädt sich die Unzufriedenheit der Beschäftigten in der Pflege bei einigen Trägern in unserer Stadt. Pflegekräfte streiken an den öffentlichen Krankenhäusern und verlangen einen sogenannten Entlastungstarifvertrag. Die Forderungen verfolgen sie dabei mit großer Konsequenz und legen die Arbeit in zahlreichen Stationen nieder.
Wofür die Pflegekräfte sich hier einsetzen, ist in großen Teilen nachvollziehbar. Sie verlangen unter Anderem, dass mehr Kolleg/-innen sie bei ihrer anstrengenden und anspruchsvollen Arbeit unterstützen. Sie wollen, dass ihre Arbeitgeber deutlich mehr Personal einstellen. Mit diesen neuen Kolleg/-innen soll endlich Schluss sein mit dem wiederkehrenden „Ruf aus dem Frei“. Es soll aber auch Schluss sein mit dem Gefühl, die Arbeit nicht mehr schaffen zu können, weil zu viele Patient/-innen gleichzeitig zu versorgen sind.
Forderungen, die auch von den streik betroffenen Krankenhausträgern erhoben werden. Nur: Das für die Entlastung erforderliche Personal ist so leicht nicht zu erreichen, lässt sich nicht so schnell aufbauen. Die Träger, im Übrigen alle Träger der Stadt, unternehmen bereits enorme Anstrengungen, mehr Personal in der Pflege auszubilden und anzustellen. Alle gemeinsam unterstützen sie die Kampagne der Berliner Krankenhausgesellschaft #PflegeJetztBerlin und engagieren sich in vielen weiteren Bündnissen und Initiativen zur Stärkung der Pflege. Die Kliniken der Stadt haben verstanden und dürfen für all die eigenen Maßnahmen und für die gemeinsame Kampagne alle Unterstützung von Politik und Verwaltung erwarten.
Mit dem Sparen zu Lasten der Pflege muss jetzt Schluss sein
Politik ist aber auch selbst in der Pflicht zu liefern: Jahrelang hat das Land Berlin nicht die erforderlichen Investitionsmittel für die Krankenhäuser zur Verfügung gestellt. Jahrelang hat Politik die Krankenhäuser damit gezwungen, Mittel für die Behandlung und für Pflege radikal zu sparen, um die notwendigen Investitionen aus eigenen Mitteln nachzuholen. Mit diesem Sparen zu Lasten der Pflege muss jetzt Schluss sein. Wer wirklich gute Arbeitsbedingungen für Pflege gestalten will, der kann das mit dem nächsten Doppelhaushalt auch umsetzen und eine Klinikoffensive für mehr Investitionsmittel umsetzen. Spitzenkandidat/-innen haben sich bereits vor den Streikenden für mehr und bessere Pflege stark gemacht. Ob nun bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen auch die entsprechenden Mittel gegeben werden, werden Krankenhausgesellschaft und die Pflegenden genau beobachten. Auch bei dem neuen Pflegefachassistenzgesetz ist noch offen, wie die Finanzierung für diese neue Ausbildung gestaltet werden soll. Auch hier müssen die Verantwortlichen Angebote machen, damit die neue Ausbildung startet und die neuen Kolleg/-innen auch tatsächlich bald in der Pflege unterstützen können.
Die Forderungen der Streikenden nach Entlastung der Pflege sind nachvollziehbar. Sie können aber nur teilweise von einzelnen Krankenhausträgern befriedigt werden. Was es braucht, ist ein allgemeines Umdenken und nachhaltige Anstrengungen aller, um Pflege zu stärken. Das Umdenken hat bei den Kliniken bereits eingesetzt. In unserer aktuellen Ausgabe richten wir den Fokus auf Entlastungsmaßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflege und Familie. Jetzt muss auch Politik zeigen, dass sie verstanden hat. Dazu hat sie in den kommenden Wochen und Monaten Gelegenheit, erste wichtige Signale zu geben.
Freundliche Grüße
Marc Schreiner