Der Internationale Tag der Pflege am 12. Mai 2023 würdigt die Menschen, die weltweit in Pflegeberufen arbeiten. Weltweit sind das rund 28 Millionen Menschen (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), 2021). 1965 wurde dieser Aktionstag von einem Zusammenschluss von 130 nationalen Pflegeverbänden, ins Leben gerufen. Das Datum des Tags der Pflege geht auf den Geburtstag der britischen Krankenschwester Florence Nightingale zurück, die als Pionierin und Reformerin der modernen Krankenpflege gilt (bpb, 2021).
Bekannt als "The Lady with the lamp" war die britische Krankenpflegerin eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Krankenpflege des 19. Jahrhunderts und hat den Beruf bis heute nachhaltend geprägt (vgl. Lücke, 2018).
Florence Nightingale wurde als jüngste Tochter einer wohlhabenden britischen Familie am 12. Mai 1820 während einer zweijährigen Europareise der Eltern in Florenz geboren. Bereits im Kindesalter zeigten sich eine große sprachliche Begabung und eine ausgeprägte Beobachtungsgabe. Von ihrem Vater erhielt sie Unterricht in Latein, Griechisch, Deutsch, Französisch und Italienisch sowie in Geschichte und Philosophie (vgl. Lücke, 2018).
Sie fühlt sich zu den Ärmsten der Gesellschaft hingezogen: zu Straßenkindern, Obdachlosen und verwundeten Soldaten (vgl. Fruth, 2022). Während in den 1830er-Jahren eine Grippe-Epidemie Südengland heimsuchte, kümmerte sie sich wochenlang intensiv um Erkrankte (vgl. Lücke, 2018).
Gegen den Willen ihrer Eltern entschloss sich Nightingale 1845 dazu, ihr Leben der Krankenpflege zu widmen. Zu jener Zeit handelte es sich bei den Pflegenden meist um unqualifizierte Personen, die keine andere Anstellung fanden und daher gezwungen waren, sich ihren Lebensunterhalt durch diese Arbeit zu verdienen. Daher beruhte die strikte Ablehnung der Eltern vor allem auf dem schlechten Ansehen der Krankenpflege zu dieser Zeit in Großbritannien (vgl. Lücke, 2018).
Ein besonderes Schlüsselerlebnis war das Versterben einer Patientin aufgrund der mangelnden Kompetenz einer Pflegerin und sie erkannte so die Notwendigkeit einer pflegerischen Grundausbildung. Sie selbst ließ sich im Rahmen eines dreimonatigen Praktikums im Krankenhaus von Salisbury ausbilden und hospitierte auch in der Kaiserswerther Diakonie, einer vom evangelischen Pfarrer Theodor Fliedner gegründeten Institution, in der Diakonissen eine Ausbildung als Krankenpflegerin, Gemeindeschwester, Erzieherin oder Lehrerin erhielten. Sie war von der wöchentlichen Vorlesung, die Fliedner für die Schwestern abhielt, und von den für die Schwestern geltenden strikten Regeln tief beeindruckt (vgl. Lücke, 2018).
1854, zur Zeit des Krimkrieges, betreute Nightingale im Auftrag der britischen Regierung verwundete britische Soldaten im türkischen Militärkrankenhaus in Skutari. Zunächst schlug ihr dort massiver Widerstand aus den Reihen der Ärzte entgegen. Obwohl eine Choleraepidemie die Soldaten zu Hunderten dahinraffte, waren pflegende Frauen zwischen den vielen Männern moralisch schwer zu akzeptieren, vor allem weil sie sich womöglich in medizinische Fragen einmischten und damit die männliche Autorität und Hierarchie im Militär untergraben könnten. Als unter der Pflege der Frauen im Lazarett allerdings deutlich weniger Soldaten starben als vorher, musste man Florence Nightingale und ihr kämpferisches Engagement widerwillig respektieren (vgl. Fruth, 2022). 1855 reiste sie von Skutari zu den Hospitälern auf der Krim. Da sie die Patienten nachts mit einer Lampe in der Hand aufsuchte, wurde sie unter dem Begriff „The Lady with the Lamp“ („Die Dame mit der Lampe“) bekannt. Während ihres Einsatzes erkrankte Nightingale am Krimfieber und rang wochenlang mit dem Leben (vgl. Lücke, 2018).
1856 kehrte Nightingale schwer angeschlagen, aber als Nationalheldin gefeiert, nach Großbritannien zurück. Trotz eines körperlichen Zusammenbruchs im Folgejahr und zunehmender Hilfebedürftigkeit wirkte Nightingale an der Reform des Sanitätswesens der Armee mit und veröffentlichte ihr Standardwerk „Notes of Nursing“ („Bemerkungen zur Krankenpflege“), das weltweit Aufsehen erregte (vgl. Lücke, 2018).
1860 wurde die Pflegeschule "Nightingale School of Nursing" am Londoner St Thomas‘ Hospital eröffnet und somit der Grundstein der Professionalisierung gelegt (vgl. Çoruh & Gün, 2021). Dort wurde das als heute Nightingale´sche System bezeichnete Ausbildungsmodell angewendet, das bald öffentliche Aufmerksamkeit erlangte und dazu führte, dass andere Krankenhäuser ebenfalls Lehrgänge für Pflegende einrichteten. Dieses Ausbildungsmodell sah vor, dass Berufsanfänger durch erfahrene Pflegepersonen und nicht durch Ärzte unterrichtet wurden. Dabei war der Schwerpunkt der Ausbildung die Beachtung der Hygiene. Nightingale vertrat die Ansicht, dass die meisten Krankheiten durch Sauberkeit, richtige Lüftung und angemessene Ernährung geheilt werden können (vgl. Lücke, 2018).
Unermüdlich setzte sie sich in den 1870er-Jahren für höhere Ausbildungsstandards in der Krankenpflege ein und setzte ihre Vorstellungen des anerkannten Frauenberufs ohne kirchlichen Einfluss weiter um. Kurz vor ihrem Tod im Jahr 1910 erhielt Nightingale als erste Frau den britischen Verdienstorden (vgl. Lücke, 2018).
Literatur:
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (2021): Hintergrund aktuell. Internationaler Tag der Pflege. 11.05.2021. Online verfügbar unter: Internationaler Tag der Pflege | Hintergrund aktuell | bpb.de.
Fruth, Pia (2022): Florence Nightingale - Ikone der modernen Krankenpflege. In SWR2 Wissen. Ausgabe: 19.02.2022. Online verfügbar unter: Florence Nightingale – Ikone der modernen Krankenpflege - SWR2.
Lücke, S. (2018): Florence Nightingale: Ihr Leben im Überblick. In: Bibliomed Pflege. Ausgabe: 08.05.2018. Online verfügbar unter: Florence Nightingale: Ihr Leben im Überblick (bibliomed-pflege.de).
Mustafa Engin Çoruh & Mukadder Gün 2021): Die Reformen von Professor Dr. Robert Rieder Pascha (1861–1913) in der theoretischen und praktischen Ausbildung von Medizinern im Osmanischen Reich des frühen 20. Jahrhunderts. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 111–121, hier: S. 115.